Wenn Mitarbeitende auch an der Hochschule dozieren

EBP Mitarbeitende engagieren sich an zahlreichen Berufs- und Hochschulen in der Schweiz. Was sie dazu motiviert, welche Herausforderungen sich ihnen stellen und welche Vorteile ihre Lehrtätigkeit mit sich bringt, das verrieten die Dozierenden Peter de Haan, Lukas Beck, Leonie Dörig und Marcel Lehner im Interview.

Was ist eure Motivation, euch in der Lehre zu engagieren?

Peter de Haan und Marcel Lehner im Interview
Energie- und Mobilitätsexperte Peter de Haan (rechts) und Heizung-Lüftung-Klima (HLK)-Spezialist Marcel Lehner im Interview zu ihrer Lehrtätigkeit

Peter de Haan: Für mich ist es ein absolutes Privileg, junge Leute auszubilden. Sie sind motiviert und möchten die Welt verändern. Das motiviert auch mich und hält mich jung. Zudem bin ich so gefordert, immer auf dem neusten Stand der Forschung zu sein. Andererseits ist es auch ein Vorteil bei der Rekrutierung neuer Talente. Viele gute Studienabgängerinnen und -abgänger, mit denen ich als Dozent zu tun hatte, bewerben sich direkt bei mir.

«Die jungen Leute sind motiviert und möchten die Welt verändern. Das motiviert auch mich.»

Marcel Lehner: Dem stimme ich absolut zu. Man muss sich stetig weiterentwickeln. Auf der anderen Seite kann man den Lernenden viel mitgeben und ist Teil der Prüfungs-Gruppe. Der Austausch in dieser Gruppe hilft mir, mich weiter zu vernetzen.

Leonie Dörig: Ein weiterer Punkt ist die persönliche Weiterentwicklung. Ich hatte die Möglichkeit, als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der ZHAW eine Vorlesung zum Energierecht aufzubauen. Das war fachlich sehr spannend und herausfordernd. Und ich konnte meine Präsentationstechniken verbessern. Dabei habe ich mir verschiedene Fragen gestellt: Wie kann ich komplexe Themen vermitteln? Wie kann ich vor vielen Menschen etwas spannend präsentieren und sie für ein Thema begeistern? Zu Beginn, als die Studierenden zum Teil älter waren als ich selbst, hat mich die Präsentation noch Überwindung gekostet. Seit damals habe ich viel gelernt und präsentiere heute souverän und selbstsicher.

«Ich finde es spannend, mit der didaktischen Herausforderung umzugehen.»

Lukas Beck: Das geht mir auch so. Auch ich finde es spannend, mit der didaktischen Herausforderung umzugehen. Mein Ziel ist es, gerade Menschen in der Erwachsenenbildung für ein Thema zu begeistern und sie trotz ihres sehr unterschiedlichen Vorwissens abzuholen. Ich versuche deshalb immer am Beginn eines Kurses, die Teilnehmenden kennenzulernen und herauszufinden, wer welchen Hintergrund hat.  

Peter de Haan: Das ist ein wichtiger Punkt: In der Weiterbildung ist der Anspruch an die Qualität der Lehre noch viel grösser, denn die Teilnehmenden haben in ihrem Gebiet bereits Fachexpertise. Es ist aus meiner Sicht daher wichtig, transparent zu machen worin die eigene Expertise besteht und in welchen Themenfeldern kein solch vertieftes Wissen besteht. Das schafft Vertrauen. Die Tätigkeit in der Weiterbildung hat zudem den Vorteil, dass ich viele potenzielle Auftraggeberinnen und Auftraggeber kennenlerne.

Lukas Beck und Leonie Dörig im Interview
Lukas Beck, Experte für Stadtplanung, und Juristin Leonie Dörig verraten, wie sich ihre Tätigkeit in der Lehre und die Projektarbeit bei EBP gegenseitig beeinflussen

Welche Herausforderungen ergeben sich aus eurer Doppelrolle?

Marcel Lehner: Die beiden Aufgaben sind teilweise schwierig unter einen Hut zu bringen. Meine Lehrtätigkeit hat ungefähr den Umfang eines 10-Prozent-Pensums. Dazu kommt meine Vollzeitstelle bei EBP. Ich muss mich sehr gut organisieren, damit das überhaupt möglich ist.

Peter de Haan: Organisation ist das Stichwort. Zum Teil gibt es wichtige Termine der Schule, wie Abschlussveranstaltungen, die sehr kurzfristig bekanntgegeben werden und dann mit geschäftlichen Terminen kollidieren können. Möglichst alle Termine wahrzunehmen, ist daher oft eine organisatorische Herausforderung.

Wie kann ein Unternehmen Mitarbeitende mit Lehrauftrag unterstützen?

«Schwierig ist der Spagat zwischen der Arbeit und grösseren Forschungs-Projekten.»

Leonie Dörig: Für mich ist es sehr wichtig, zeitlich flexibel zu sein. Ein System mit fixen Blockzeiten würde es mir verunmöglichen, auch in der Zukunft Lehrtätigkeiten zu übernehmen. Ich bin daher sehr froh, dass mir EBP genau diese Möglichkeit bietet. Was jedoch schwierig ist, ist der Spagat zwischen der Arbeit und grösseren Forschungsprojekten. Diese sind sehr umfangreich und zeitintensiv. Während sich eine Vorlesung auch mal flexibel im Zug auf dem Weg zu einem Kundentermin vorbereiten lässt, muss man für ein Forschungsprojekt Tage und Wochen vor Ort verfügbar sein und ist dann auf der anderen Seite zu wenig flexibel für Kundenprojekte.

Peter de Haan: Aus meiner Sicht liegt hier genau die Gefahr. Aufgrund dieser Mehrbelastungen gerät oft ein bis zwei Jahre nach Abschluss an der Uni die Lehrtätigkeit aus dem Fokus der Mitarbeitenden. Sie sind zu diesem Zeitpunkt stark eingebunden im Berufsleben und das Thema wird nicht mehr mit dem gleichen Engagement wie zuvor verfolgt. Die Lehrtätigkeit wird oft eingestellt. Ich fände es gut, wenn wir das Lehrengagement, gerade unserer jüngeren Mitarbeitenden, noch systematischer unterstützen würden.

Wie wirken sich die Arbeit bei EBP und eure Lehrtätigkeit aufeinander aus?

«Aus meiner Sicht sind die Beratungsfirmen früher an neuen Themen dran als die Hochschulen.»

Peter de Haan: Die Wechselwirkung zwischen der Lehrtätigkeit und der privatwirtschaftlichen Arbeit ist ziemlich gross. Aus meiner Sicht sind die Beratungsfirmen früher an neuen Themen dran als die Hochschulen und Unis. Ich kann daher thematisch, aber auch praktisch viel aus meiner Arbeit bei EBP in die Lehrstoffe einfliessen lassen. Ausserdem darf man die Reputation nicht unterschätzen, die man erhält, wenn man an einer etablierten Lehrinstitution wie z. B. der ETH unterrichtet. Dies schafft Vertrauen bei unseren Auftraggebenden.

Im sehr internationalen Umfeld an der ETH schätzen es die Studierenden zudem, wenn auch mal Schweizer Berufsbilder aufgezeigt werden. So erhalten sie einen Eindruck, wo ihr beruflicher Weg hier im Land hinführen könnte.

Lukas Beck: Besonders, wenn man junge Menschen unterrichtet, die am Anfang ihrer Berufslaufbahn stehen, bekommt man ein Gefühl dafür, welche Themen gerade aktuell sind und wie sie diese wahrnehmen. Ich finde es spannend, einen neuen Blickwinkel auf meine Arbeit durch die Studierenden zu erhalten. Durch die Vorbereitungen kann ich ausserdem Themen, die ich im Berufs- und Projektalltag routiniert bearbeite, noch mal von einer anderen Seite betrachten, sie im grösseren Kontext einordnen und die theoretischen Zusammenhänge reflektieren.

«Durch die Prüfungen komme ich in Kontakt mit tollen Menschen, die interessante Mitarbeitende sein könnten.»

Marcel Lehner: Für mich besteht die Wechselwirkung insbesondere im Bereich der Rekrutierung. Die Einblicke, die ich als Chefexperte der Lehrabschlussprüfung gewinne, sind sehr spannend. Durch die Prüfungen komme ich in Kontakt mit tollen jungen Menschen, die für EBP interessante Mitarbeitende sein könnten. Wenn man bei den Prüfungen oder Gesprächen mit anderen Prüfungsexperten hört, dass ein Lehrling sehr gute Arbeit leistet, dann versucht man die Person für das Unternehmen zu interessieren. Und umgekehrt ist man an einer Rekrutierung vielleicht nicht so stark interessiert, wenn man hört, dass jemand schon mehrmals durch die Lehrabschlussprüfung gefallen ist.

Leonie Dörig: Ich habe durch meine Lehrtätigkeit gelernt, Themen so zu vermitteln, dass sie verständlich und nicht zu juristisch oder dogmatisch sind. Dieses didaktische Wissen hilft mir sowohl bei der Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden wie auch im Kontakt mit Kunden.